Aus Märkische Allgemeine | 25.03.2004

Doch das Umland stöhnt: Initiativen laufen Sturm gegen Netzwerksverknüpfung

HILTRUD MÜLLER

POTSDAM Es gibt keinen Bedarf für die Ortsumgehung Potsdam. Das ist die einhellige Meinung von fünf Bürgerinitiativen, die gestern in die Universität am Neuen Palais zum Pressegespräch luden. Argumente, die Rainer vom Lehn von „Bürger für Bergholz-Rehbrücke“ gegen die neuen Asphaltpisten ins Feld führte: Die neuen Straßenverbindungen würden die Potsdamer Innenstadt lediglich um sechs Prozent des Verkehrsaufkommens entlasten, denn die Masse der Motorisierten hat Potsdam zum Ziel. Der Durchgangsverkehr aber werde bereits weitgehend durch den Autobahnring abgefangen. Schafft man mit der Ortsumfahrung einen zweiten Innenring von West über Süd bis Ost, werde die Autobahn um 35 Kilometer verkürzt. Logisch, dass sich dann der Verkehr, insbesondere der Lastverkehr, den Weg über die neue Ortsumfahrung suche: „Die Lkw-Fahrer werden dazu durch ihre Auftraggeber geradezu genötigt werden, denn es spart Zeit, Sprit und Maut“, argumentiert vom Lehn.

Doch wer zahlt den Gegenpreis? In Werder seien vier Werften im Bereich des Großen Zernsees in ihrer Existenz bedroht, wenn die Trasse über den See geführt werde, behauptet Gunnar Assmann von der Initiative „Werder blüht was“. Die neue Straße, die in der Havelstadt von der Autobahn bei Phöben über das einstige Kasernengelände und den Großen Zernsee bis hin zum Knoten Wildpark führen soll, gefährde Werder als Wohnstandort und als touristische Hochburg, argumentiert Assmann. Gerade der traditionsreiche Hohe Weg werde stark durch den Lärm bedroht. Und Assmann wirft seinem Bürgermeister vor, die Belange der Anwohner und der Natur zu ignorieren, wenn er dieser Trasse seine Zustimmung gibt. Peter Kunz vom Wildpark e.V. sieht in den Bauplänen eine Beschädigung der einzigartigen Kulturlandschaft, wozu auch der Wildpark – mehrfach unter Schutz gestellt – und die Flusslandschaft rings um die Inseln Potsdam und Werder zählt. „Die beabsichtigt man nun zu verlärmen und betoniert sie zu“, so sein Kommentar. Für Professor Albrecht Söllner („Bürger für Verkehrsberuhigung Potsdam-West“) bedeutet allein der Bau der Havelspange über den Templiner See, dass sich in der Folge das Verkehrsaufkommen in Richtung Neues Palais verdoppeln werde. Ein Umstand, der die Investoren des Kaiserbahnhofs, von dem sie sich einen Ort der „mentalen Pause“ versprechen, stark verunsichere. Die Initiative habe ein Prüfverfahren eingeleitet, das nunmehr die Unesco und die internationale Denkmalschutzbehörde auf den Plan rufen, sagte Söllner.

Die Bürgerinitiativen beklagen nicht nur unisono eine Verschwendung von Steuergeldern, sondern halten die Ortsumfahrung Potsdam für ein weiteres Beispiel eklatanter Planungsfehler im Land Brandenburg.

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