Die Geschichte des königlichen Wildparks stand im Mittelpunkt einer weiteren Veranstaltung des Werderaner Heimatvereins

Märkische Allgemeine | 13.07.2006 von Armin Klein

WERDER Er wurde im niederrheinischen Mönchengladbach geboren, studierte in Düsseldorf Medizin, gelangte zur Jahrtausendwende dienstlich nach Berlin, schlug zwei Jahre später sein Domizil im verträumten Wildpark-West auf und musste bald darauf erfahren, dass die nicht weit entfernte ruhige Waldlandschaft Wildpark durch eine Potsdam-Umgehungsstraße zerschnitten werden soll.

Das ärgerte den Naturliebhaber Bernd Rosenkranz so, dass er sich für die Gründung eines Vereins „Wildpark e.V.“ engagierte – mit heute immerhin 228 Mitgliedern. Sie alle wollen den Straßenbau verhindern und den Wildpark zugleich zu einem kulturell-touristischen Kleinod gestalten. So gehören zum Vereinsprogramm unter anderem geführte Wanderungen, der traditionelle Wildparklauf, Waldkonzerte und natürlich auch Vorträge über das ehemalige königliche Jagdgebiet.

Bei einem dieser Vorträge, diesmal als Referent des 6. „Werderaner Gesprächs“ dieses Jahres im „Hotel zur Insel“, gelang es Rosenkranz unter dem Titel „Der Wildpark – Lennés vergessener Garten?“ ein nahezu „versunkenes Schiff“ am Rande der bekannten Potsdamer Parkanlagen zu heben. So erfuhren Werders Heimatvereinsmitglieder und ihre Gäste, dass die Wildpark-Geschichte eigentlich schon im 17. Jahrhundert begann, als der Große Kurfürst das Waldgebiet südwestlich seiner neuen Residenzstadt Potsdam aufkaufte und zum Jagdgebiet erklärte. Friedrich II. siedelte Rehwild an und verzichtete auf Hetzjagden.

Richtig los ging es aber mit dem Wildpark in unserem heutigen Verständnis erst 1842. Der kunstbeflissene Friedrich Wilhelm IV. war kaum König geworden, als er den Gedanken fasste, einen Teil des Jagdgebietes zu umzäunen, gezielt zu gestalten und mit Rot-, Dam- und Muffelwild zu besiedeln. Damit beauftragte er seinen Landschaftsexperten Lenné, den Gärtner Sello und seinen Architekten Persius.

Bald begann sich dann hinter einem zwölf Kilometer langen, 2,60 Meter hohen, nur von drei Toren durchbrochenen Holzzaun einiges abzuspielen.

Es entstand auf Wunsch des Königs ein achtstrahliger Wegestern mit einem Futterschirm im Mittelpunkt, heute ein als „Pilz“ bekanntes und als Picknick- und Konzertplatz beliebtes Parkzentrum. Lenné und Sello legten unter anderem acht Alleen an, die mit entsprechenden Baumarten am Futterschirm endeten und nach der Ulme, der Eiche, der Birke, der Akazie, der Linde, dem Ahorn, der Buche und der Kastanie benannt wurden.

Im weiteren Verlauf seines Vortrages verschaffte der Referent seinen zahlreichen Zuhörern dann einen „Aha-Effekt“ im Wiedererkennen von Persius-Bauten. Schließlich war vor zwei Jahren ein „Werderaner Gespräch“ dem Leben und Werk des Potsdamer Architekten gewidmet. Und so fiel es dem Publikum nicht schwer, die Forsthäuser Nord-, Süd- und Sanssouci-Tor sowie die heute als Waldschule und Revierförsterei dienende Wildmeisterei als typische Persius-Gebäude zu identifizieren.

Rosenkranz erwähnte noch weitere Sehenswürdigkeiten im ehemals umzäunten Park, von den Jagdgedenksteinen bis zum Bayrischen Haus. Besonders hatten es ihm die von Rauch geschaffenen beiden Bronze-Hirsche a ngetan, war es doch dem Wildpark-Verein, dessen Vorsitzender er ist, gelungen, die Figuren von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten als Leihgabe zu erhalten und am Sanssouci-Tor, dem Wildpark-Haupteingang der preußischen Herrscher, zu installieren.

Ausführlich würdigte der Referent die Königliche Gärtnerlehranstalt am östlichen Rande des Wildparks. Die obstbaugewohnten Werderaner staunten nicht wenig darüber, dass schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch 480 Sorten Äpfel, 300 Sorten Birnen, 120 Sorten Kirschen und 74 Sorten Pflaumen zum Angebot der Lehranstalt gehörten.

Leider wurde in der Kriegs- und Nachkriegszeit notgedrungen vieles zerstört und in der Zeit von 1957 bis 59 die Eisenbahnlinie des Berliner Rings mitten durch den Park geführt. So begann der Wildpark in der Potsdamer Kulturlandschaft ein Schattendasein zu führen.

Das soll nicht so bleiben. „Das gantze Eyland muß ein Paradies werden“, schrieb der Fürst von Nassau-Siegen vor mehr als 300 Jahren an unseren mit Jägereiplänen in der Pirschheide befassten Großen Kurfürsten.

Wie Bemerkungen und Beifall der Zuhörer zeigten, dürfte es dem Referenten gelungen sein, die anwesenden Werderaner für den „Paradiesgedanken“ zu sensibilisieren.